Die neue Coronavirus-Situation bringt viele gesellschaftliche Veränderungen, sie braucht aber neben vielem anderen vor allem lautstarke feministische Arbeit. Denn Krisenzeiten, egal wodurch sie ausgelöst werden, haben vor allem für Frauen noch einmal besondere Auswirkungen. Denken wir an die vielen Frauen, die jetzt zu Hause im Homeoffice sind, trotzdem Einkäufe erledigen, den Haushalt schupfen, mit ihren Kindern lernen oder sie bei Laune halten. Vielerorts wird genau das als sehr romantische Privatheit beschrieben, gemeinsam zu Hause, zwischen den Videocalls noch ein bisschen Yoga damit der Körper auch in Form bleibt.
Die Realität sieht freilich ganz anders aus, sie ist belastend, stressig und zum Teil kaum aushaltbar. Denken wir aber auch an die vielen anderen Personen, die jetzt dafür sorgen, dass die Gesellschaft weiter funktioniert. In den Krankenhäusern, in der Pflege, an den Supermarktkassen, die zu einem Großteil Frauen sind. Die unter enormen Druck herausragendes leisten, und dann oftmals nach dem Heimkommen ebenso bei Hausübungen helfen müssen, während das Abendessen am Herd steht. Denken wir an Selbstständige, an Künstler_innen, Sexarbeiter_innen, die jetzt oft vor dem absoluten Nichts stehen. Denken wir an gewaltbetroffene Frauen, für die ein Zusammenleben mit dem Gefährder auf engstem Raum Gewaltsituationen noch verschärft, ein Hilfe-Holen jedoch dadurch oft noch viel schwieriger wird. Und die Liste könnte noch länger weitergehen.
Frauen waren auch vor dieser Krise noch längst nicht gleichgestellt, ganz im Gegenteil gab und gibt es noch viele Hürden und Ungerechtigkeiten, die ein selbstbestimmtes, freies Leben verunmöglicht haben. Diese strukturellen Mechanismen verschärfen sich in Krisenzeiten. Deswegen müssen wir gerade jetzt diese neue Situation auch mit Blick auf Geschlechterverhältnisse betrachten und aufzeigen, was hier passiert. Noch viel mehr wird es unsere gesamte Schlagkraft brauchen, wenn die Pandemie überstanden ist. Wir brauchen sie, damit Care-Arbeit nicht selbstverständlich als im Privaten verrichtete Frauenarbeit bleibt, damit sie dort, wo sie gesellschaftlich verrichtet wird, gut entlohnt und wertgeschätzt wird. Damit nicht wieder eine „wir müssen den Gürtel enger schnallen“ Politik dazu führt, dass beispielsweise bei Gewaltpräventionsmaßnahmen gespart wird.
Ganz im Gegenteil müssen wir uns stark machen für eine echte Umverteilung in unserer Gesellschaft und für eine Ausfinanzierung von den sogenannten systemrelevanten Bereichen. Mehr als noch seit Langem müssen wir in den kommenden Monaten Verteilungsfragen stellen, damit diese Krise nicht wie Vergangene auf dem Rücken derer, die wenig haben ausgetragen wird. Damit diese Krise nicht wie Vergangene auch auf dem Rücken von Frauen ausgetragen wird.
Frauenpolitik ist seit je her eine Herzensangelegenheit für mich. In meinen politischen Anfangsjahren in der Jugendorganisation bin ich sehr bald mit feministischen Inhalten in Kontakt gekommen und für mich war sehr schnell klar, dass Frauenpolitik ein Thema ist, das mich sehr bewegt und wo es noch sehr viel zu tun gibt. Umso mehr freue ich mich als Wiener Frauenvorsitzende in den nächsten Jahren die SPÖ frauenpolitisch mitgestalten zu dürfen sowie auch über das große Vertrauen, das mir bei der Wiener Frauenkonferenz entgegengebracht wurde.
Die Herausforderungen sind, trotz der vielen erfolgreichen Kämpfe der Frauenbewegungen, leider immer noch dieselben geblieben. Es geht immer noch um die Vereinbarkeit von Berufsleben und Freizeit, Stichwort Work-Life-Balance, aber auch um die Frage der Einkommensunterschiede, der Pensionsunterschiede, um die Frage von unbezahlter Hausarbeit und Kinderbetreuung. Hier werden Frauen immer noch öfter in Teilzeit gedrängt, weil sie sich um Haushalt und Kinder kümmern müssen. Auf der anderen Seite verändert sich unsere Gesellschaft natürlich stetig, was für uns Frauen ganz neue Herausforderungen mit sich bringt. Wenn wir im Bereich der Arbeit bleiben, denke ich an die zunehmend prekärer werdenden Arbeitsverhältnisse. Auch hier sind es wieder vordergründig Frauen, die gleich mehrere Jobs nebeneinander machen müssen, nur, damit es sich irgendwie ausgeht. Hier muss man entsprechende Rahmenbedingungen schaffen, damit derart prekäre Arbeitsverhältnisse nicht mehr möglich sind. Und noch mehr Dinge verändern sich. Ich denke hier gerade an den Bereich der Kommunikation, an den Social Media Bereich, der unter dem Stichwort „Hass im Netz“ ganz neue Formen von Gewalt mit sich bringt. Hier braucht es Aufklärung, hier braucht es Bestärkung sich zu wehren und das alles eingebettet in entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen, die vor Gewalt schützen.
Ja, ziemlich viele eigentlich! Ich komme aus einer Familie mit vielen unterschiedlichen, aber sehr starken Frauen. Da ist einerseits meine Mama, die eine sehr beeindruckende Geschichte hinter sich hat, die mit meinen zwei älteren Geschwistern sehr lange Alleinerzieherin war, nebenbei noch gearbeitet und Ausbildungen gemacht hat. Die damaligen Rahmenbedingungen waren ja noch ganz andere, weil es viele Angebote, die für uns Frauen heute selbstverständlich sind, einfach noch nicht gab. Hiervor habe ich den allergrößten Respekt und ich habe mir mehr als ein Mal die Frage gestellt, wie meine Mama das eigentlich gemacht hat. Dann aber auch meine Oma, die ja überhaupt aus einer ganz anderen Zeit kommt, immer Vollzeit gearbeitet hat und die uns Mädchen immer sehr darin bestärkt hat das zu machen, was wir wirklich wollen. Das hat mich sehr geprägt und prägt mich bis heute.
Wir sehen, dass die mittlerweile schon jahrzehntelange Frauenförderung und Frauenpolitik innerhalb der Organisation Früchte trägt. Wir haben auf allen Ebenen sehr viele starke Frauen in Mandaten, die viel bewegen. Der jahrelange Einsatz spiegelt sich aber auch in der Stadtpolitik wider: Wien ist frauenpolitische Vorreiterin und wir haben sehr viele Angebote, die es in anderen Bundesländern nicht gibt. Wir haben mit der MA 57 eine eigene Frauenabteilung, ein dichtes Gewaltschutznetz oder den Gratiskindergarten. Aber auch der Equal Pension Day und der Equal Pay Day, das heißt, der Tag, an dem Frauen wegen der Pensions- bzw. Einkommensunterschiede im Vergleich zu Männern versinnbildlicht hochgerechnet keine Pension bzw. kein Einkommen mehr bekommen, sind beide in Wien später als in anderen Bundesländern. Das liegt nicht zuletzt an einer starken SPÖ-Frauenpolitik, die in Wien schon seit ganz langer Zeit erfolgreich umgesetzt wird. Aber auch innerhalb der SPÖ hört Frauenpolitik nie auf, da Frauenpolitik immer auch eine Form von Bewusstseinsarbeit ist. Hier ist es unsere Aufgabe, zu sensibilisieren und auch dafür zu sorgen, dass Frauenpolitik, als Querschnittsmaterie, wirklich Aufgabe der gesamten Partei ist und auch als solche gesehen wird. Hier geht es auch darum zu schauen, welche Themenbereiche, ich denke dabei jetzt beispielsweise an den Bereich Infrastruktur und Verkehr, noch immer sehr männlich dominiert sind. Frauenpolitische Themen müssen sich in allen Bereichen der SPÖ wiederfinden.
Ich möchte allen Frauen sagen, lasst euch von niemandem vorschreiben, was ihr machen dürft oder nicht machen dürft. Seid mutig, traut euch alles, was ihr machen wollt, auch wenn es manchmal schwierig ist. Es gibt immer ganz viele starke Frauen, die an eurer Seite stehen!